Mittwoch, 23. August 2017
Die Illusion des 'heroischen Todes'.
Mein Ex-Freund, oder sagen wir besser, ein Ex-Freund (es gab in meinen nun fast 3 Dekaden bereits etliche), hatte eine weitreichende depressive Verstimmung, welche im Endeffekt auch zu unserer Trennung führte. Sie äußerte sich unter anderem durch den unwiderstehlichen Wunsch, zu sterben, und dies am besten selbst auszuführen.

'Manchmal träume ich davon, nachts am Flussufer zu sitzen, die Sterne zu betrachten, und mir einen Dolch mitten ins Herz zu rammen', sagte er einmal.

'Das ist eine der schlimmsten Arten zu sterben, die ich mir vorstellen kann', erwiderte ich.

Er dachte nach. 'Die meisten Menschen wählen einen komfortablen Weg zu sterben. Oder einen spektakulären, bei welchem möglichst viele Menschen beteiligt sind oder zusehen können, wie z.B. wenn man sich vor einen Zug wirft. Ich wähle den Mittelweg. Ich will nicht, dass jemand anderes daran beteiligt ist. Aber ich will mit so viel Schmerz wie möglich aus dem Leben treten. Weil das Leben selbst schmerzvoll ist. Ich möchte so heroisch wie möglich sterben.'

Ich sagte nichts. Der Gedanke an diese Episode aus meinem Leben und unseren vielen Gesprächen kam mir heute wieder ins Gedächtnis.

Meiner Meinung nach hat der Tod nichts Heroisches an sich. Der Tod selbst ist eine Notwendigkeit für das Leben. Er ist dessen notwendige Konsequenz. Aber es ist nichts Heroisches daran.
Es ist nicht heroisch, vor einen Zug zu sterben und so viele andere Menschen mit ins Verderben zu stürzen - z.B. den Schaffner, der wahrscheinlich sein ganzes Leben lang nicht diese Bilder aus seinem Kopf loswerden kann.

Es ist nichts Heroisches daran, auf dem Schlachtfeld zu sterben - mit einer Lanze in der Brust. Warum nicht? Da der Krieg selbst nichts Heroisches mit sich bringt.
Sterben für sein Vaterland ... für die gute Sache. Was ist die gute Sache überhaupt? Was ist das positive am Krieg? Geschieht Krieg aus den richtigen Beweggründen, für die richtige Sache, kann er richtig sein, wenn die richtige Sache das Leid vieler anderer mit sich bringt?

Eventuell ist der Tod, der nicht selbst gewählt wurde, anders oder besser zu bewerten, wobei ich nicht über die Beweggründe von Selbstmördern richten möchte. Ich selbst hatte in meinen dunkelsten Zeiten nicht minder oft den Gedanken, dass es einfacher wäre, meinem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Aber dann hätte ich, anders als mein ehemaliger Freund, lieber den komfortablen Weg gewählt. Eben WEIL das Leben selbst so voller Schmerz ist.

Im Endeffekt ist aber auch das ein Trugschluss. Mittlerweile glaube ich, dass das Leben, trotz all seiner schlechten, traurigen Seiten, so viel Gutes in sich birgt, dass es all das Negative damit wettmacht.

Wenn der Tod die notwendige Konsequenz des Lebens ist, dann ist man erst Recht in der Pflicht, letzteres eben darum zum vollsten auszukosten.

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die Suizid-Absicht
Die Personen mit Depression sollten darüber nachdenken, wie sie ihre Depression auf ein erträgliches Ausmaß reduzieren - das ist möglich, wenn man die Ursachen kennt.

Sie sollten nicht die Zeit verschwenden, darüber nachzudenken, wie spektakulär sie aus dem Leben scheiden könnten.

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Der Tod an sich ist ja eigentlich ziemlich unspektakulär nüchtern gesagt. Das Heroische macht der Vorgang des Sterbens oder besser gesagt die Ursachen und Hintergründe.

Ein Schienensuizid ist nicht heroisch. Ein Mann der vom Zug erwischt wird, als er drei kleine Kinder von den Schienen stieß, schon.

Ein Seemann der betrunken von Bord fällt und ertrinkt ist nicht heroisch. Der Kapitän der bewusst mit seinem Schiff, warum auch immer, untergeht ist heroisch.

Ein Mann der sich umbringt, weil er Depressionen hat ist nicht heroisch. Ein Samurai der Seppuku begeht, weil er in seiner Ehre verletzt ist, ist heroisch. (Vielleicht etwas radikal/harsch?)

Und was das Sterben für das Vaterland betrifft, geht es glaube ich, auch darum. Es geht weniger um die Kugel oder Mine oder was auch immer, die den Soldaten töten, als vielmehr die Umstände.
Die Konfrontation mit den Grenzen der Menschlichkeit, die Konfrontation mit dem allgegenwärtigen, möglichen Tod und der Allgegenwärtigkeit einem anderen Menschen bewusst zu verletzten oder gar zu töten.

Das gilt für früher so wie heute. Aber das ist nur meine Meinung.

Grüße,
Kas

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Was ist ...
... an einem Samurei, der sich selbst tötet, weil er ein falsches Weltbild vermittelt bekam, heroisch?
Der hat leider nie gelernt, selbständig zu denken und zu entscheiden.

Unabhängig davon, wenn Du die Erde bei einem Blick aus dem Weltall betrachtest, es gibt ja genügend Bilder davon, dann wirst Du schnell feststellen, es gibt kein Vaterland.
Also auch nix, wofür es sich zu sterben lohnen könnte.
Seltsamerweise überleben die Kriegstreiber in den allerallermeisten Fällen bis zum Schluss.
Wo bleibt da deren Vaterlandsliebe?

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Warum falsches Weltbild? Weil es ein anderes ist? Eine andere Einstellung zum Leben, Ehre und Tod?

Heroisch ist entgegen der natürlichen Selbsterhaltung aufgrund eines "Weltbilds", einer Lebenseinstellung und Kultur sein Leben zu beenden?

Menschen die einem wichtig sind zu schützen ist nichts, wofür es sich zu sterben lohnt? Das ist doch das Grundkonzept das hinter dem "Vaterland"-Gedanken steht. Und ja, zum Schutz gehören auch Vorteile, Macht, Geld, usw.

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Also ...
... wenn ich an den ersten und zweiten Weltkrieg denke, da wurde von den Deutschen garnix geschützt.
Die haben angegriffen und waren so dumm, sich aufhetzen zu lassen, von einem Kaiser, der in Holland ins Exil ging (Erster Weltkrieg) und von einem Ausländer, der durch Wirrungen und Irrungen in Deutschland an die Macht kam (Zweiter Weltkrieg).
Wo war DER KAISER denn, als es ums verrecken im Giftgas ging?

Vaterlandsliebe?
Ist die Verarschung des Establishments und nicht der Schutz der "Lieben" zu Hause.
Es ist Zufall in welcher Gegend Du geboren wirst, da gibt es keinen Grund für irgendwelchen Stolz oder Ehrgefühle.

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Unter Superheroisch
mach ich gar nix! Heroisch is für Pussys! Heroen trauen sich ja noch nich mal, ihren Schlüppi wie Supermann über dem Strampler zu tragen!

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Naja das schützen von politischer Intressen oder geopolitischer Macht ist doch selbst heute noch weitgehenst legitimiert (naher Osten? Indochina? bald Korea?) und der "Schutz der deuteschen Rasse" trägt es sogar im Namen. Wenn man es so auslegt. Allerdings wohl Gott sei Dank, heute nicht mehr gesellschaftsfähig, damals mit "falschem", anderem Weltbild wohl legitim.

Ist Liebe nicht immer irgendwo Zufall? Ist es Zufall in wen oder was ich mich verliebe oder liebe?

Das "Stolz und Ehrgefühl" kommt ja nicht aufgrund der Geburt wo auch immer, sondern als Mitglied einer lebenden, sozialen Gruppe und Gemeinschaft und als Teilhaber der Errungenschaften dieser.

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Ich habe diese Fantasie auch mal gehabt. Weil das Herz so weh tut. Ich vermute: darin liegt der wahre Grund.

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Selbstmord ist immer eine Option.
Es gibt keine Pflicht zu leben. Sehen wir es mal so : Selbstmord ist wahrscheinlich die einzige Entscheidung, die noch nie jemand bereut hat. Das wir freiwillig aus dem Leben scheiden können ist ne dolle Sache. Zwar nicht heroisch, aber schon ne dolle Sache.

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Also ...
@Dreadpan
... Deine heutigen Präsentationen Deines Weltbildes, seeehr aufschlussreich.
*lol*

Wie kommst Du zu der Überzeugung, Die Selbstmörder bedauern ihre Entscheidung nicht?
Unterhalte Dich mal mit ein paar, die unabsichtlich gerettet wurden.
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Ich kenn ja diesen Herzschmerz auch und diesen Todeswunsch.
Nur heroisch kann ich weder an diesen Gedanken, noch an deren Verwirklichung etwas finden.
Die sich tötende Person hat halt genug von ihrem Leben gehabt.

Ich persönlich habe mich bisher zurückgehalten, weil ich bei all meinem erfahrenen Leid der Meinung bin, ich sterb ja sowieso.
Also warum vorgreifen und nicht zurücklehnen und schauen was noch kommt.
Aber sicherlich gäbe es Situationen, bei denen ich nicht mehr zuschauen möchte.

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Die Selbstmordversuchsüberlebenden
sind per definitionem keine Selbstmörder. ;)
Dass man Selbstmordversuche bereuen kann ist klar. Wieviele davon danach ihr Leben positiv sehen, weiß ich nicht, ich kenne nur den Typen, der von der Brücke gesprungen ist. Mit dem würde ich mich wirklich gerne mal unterhalten. Ich finde das auch sehr gut, dass der seine Geschichte verbreitet. Dann müssen die anderen nicht alle auch erst an die Grenze zum Tod gehen, um mal eine Neubewertung ihres Lebens vorzunehmen. Kann mir gut vorstellen, dass der schon so einen oder anderen vom Selbstmordversuch abgehalten hat.
Trotzdem denke ich, dass es gut ist, die Möglichkeit zu haben. Nicht jeder, der gerettet ist, ist dankbar. Wenn alles nur noch Qual ist, warum dann nicht gehen?

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Ich finde ja den Selbstmord
von Ripley in Alien 3 ziemlich heroisch.

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nicht heroisch
Ein Selbstmord ist nicht heroisch. Es ist nur ein geringer Teil der Selbstmörder von seiner heroischen Tat überzeugt (IS-Terroristen, Kamikaze).

Es gibt genug andere Gründe für einen Suizid, die für andere Personen nicht schlüssig sind: Ausweglose Lage, Misserfolg im Geschäft, in der Liebe und in der Ehe. Selbstwertgefühl nicht vorhanden, unheilbare Krankheit, gekränkte Ehre. --- eine Depression, die unzureichend therapiert wird; gilt auch für ander psychische Störungen.

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